INTERVIEW

„Hallo Michael, was genau ist Jido?“

Das ist eine Synthese aus Kampfkünsten mit einem leicht zugänglichen Basiskonzept für jung und alt. Neben meiner Leidenschaft Jiu-Jitsu, das ich seit vierzig Jahren praktiziere, hatte ich parallel auch jahrelang Einblicke in diverse andere Kampfkünste wie Judo, Aikido, Karate, Kung Fu, und Wing Tsun. Im Laufe der Jahre entdeckte ich, dass es für jedermann möglich ist, sich körperlich zu ertüchtigen, während sich praktisch nebenher effektive Verteidigungsabläufe verinnerlichen.
Zudem können die Bewegungsabläufe so trainiert werden, dass man sich herausfordern kann um mehr Präsenz zu entfalten. Präsenz ist ein gutes Lebensgefühl, Vertrauen, Stärke und Kraft von innen heraus. Damit kann man den Alltag immer lockerer angehen.

„Ist das eher Kampfsport oder Philosophie?“

Es ist eine lebendige, eine angewandte Philosophie. Jido ist eher eine Kampfkunst die man sich zu Eigen machen und die auf körperlichen Höchstleistungssport verzichten kann.

„Wie bist du zum Kampfsport gekommen?“

Als Kind war für mich Kämpfen gleich Toben, Spielen – Vor allem mit Papa. Später entwickelte sich daraus ein vorteilhafter Selbstverteidigungsgedanke in einem zunächst sportlichen Rahmen.

„Das Jidokan ist eine Marke in der Südstadt. Was ist dein Geheimrezept?“

Seit 25 Jahren unterrichte ich hauptberuflich meine Essenz der Kampfkünste mit dem ganzen Herzen. Auch einige Schüler sind bereits viele, viele Jahre dabei. Manche sind ebenfalls 25 Jahre mit mir am Start. Die Menschen bekommen mit, dass wir all die Jahre mit Herzblut dabei sind. Zum anderen unterrichten wir nach bestem Wissen und Gewissen Sinniges und Stimmiges. Das ist ja in mehrfacher Hinsicht von Vorteil. Das betrifft zum Beispiel die gute Kombination aus Bewegungstraining, Verteidigung und Präsenztraining.
Wir haben tolle Gruppen in einer sehr angenehmen Atmosphäre, die über die Jahre gewachsen ist. Bei uns fühlen sich kleine Kinder, Teenager, junge & ältere Erwachsene wohl. Vor allem richten wir unser Angebot nicht etwa an Kampfsportcracks sondern als Hobby an ganz normale Durchschnittsmenschen!

„Ich würde sagen, dass ist eine Art Kulturvermittlung und Lebensschule. Du schreibst seit vielen Jahren an einem Buch über deine Arbeit. Kannst du deine Sicht auf die Welt in wenigen Sätzen erklären?.“

Das wird nicht einfach, aber ich versuche es mal. In meinem Buch dreht es sich um Identifikation, gepaart mit Geschichten aus meinem Leben. Jeder hat seine eigene Sicht und es gibt Schnittstellen, über die wir uns im Kollektiv einig sind. Da wir in Bildern denken, kann man so eine Weltsicht relativ gut beschreiben. Wir benutzen dazu unsere Vorstellung.
Spannend wird es, sobald wir unterscheiden zwischen dem was wirklich ist, und dem was nur eine Vorstellung ist. Ähnlich wie bei einem Film kann uns so manche Geschichte die wir sehen zu Tränen rühren, uns zum Lachen bringen oder uns Angst machen. Es spielt für mich also eine große Rolle, welchen Film ich wann schauen möchte, und in wie weit ich mich auf ihn einlasse.
Daran sind ja Gefühle und mitunter Handlungen gekoppelt. Für unsere Welt wäre es mir persönlich wichtig, dass wir unseren Fokus mehr darauf richten für etwas zu sein, statt gegen etwas, weil unsere Aufmerksamkeit unserem Denken folgt und auch den damit gekoppelten Gefühlen.

„Jidokan und die Theaterakademie Köln sind schon seit Jahren Kooperationspartner. Unsere Schüler*innen haben durch die gesamte Ausbildung hindurch den Bewegungsunterricht von Gregor Weber bei euch und können ermäßigte Jido-Kurse besuchen. Inwiefern siehst du auch inhaltlich Verbindungen?“

Ich glaube dass Kampfkünstler*innen und Schauspieler*innen ein gemeinsames Ziel haben, das sie für ihre Arbeit, ihr Training und zuletzt für eine bessere Lebensqualität brauchen: Es geht immer um Präsenz. Um bewusstes, gegenwärtiges Sein, aus dem Körperbeherrschung und Wahlmöglichkeiten resultieren.

„Kurz und kapp auf den Punkt, finde ich.
Wo siehst du die größte Gemeinsamkeiten in der Arbeit der Dozent*innen?“

In der Förderung von Kunst, Kultur und im Körpertraining.

„Wenn ich ins Dojo komme, was werde ich sofort lieben?“

Die warme, herzliche Atmosphäre durch die über viele Jahre gewachsene Gemeinschaft unseres Vereines. Unsere Räumlichkeiten haben wir mit vielen Händen im Schweiße unseres Angesichts so hergerichtet, dass sie auf der einen Seite traditionell und auf der anderen Seite zeitgemäß modern sind.

„Was werde ich lange nicht verstehen?“

Dass du stets versuchst das Mysterium des Lebens zu begreifen, obwohl du weißt, dass es unmöglich ist.

„Was wird ganz anders sein als ich es erwartet habe?“

Du erwartest vielleicht einen Meister, wie man ihn aus Kampfkunstfilmen kennt. Eine Art Mr. Myagi. Aber hier erlangt man Meisterschaft in einem Handwerk. Im Laufe der Zeit kommt vielleicht Meisterschaft über sich Selbst dazu – vielleicht!
Und dann ist der Meister ein Mensch mit viel Erfahrung, der dich lehrt deinen eigenen Meister in dir zu erkennen. Einen, der seine Meisterschaft mitten im Alltag lebt.